Präsidium
13.09.2023

Umgang mit Geflüchteten

Beschluss des Präsidiums des Deutschen Städtetages
  1. Die Bereitschaft der Städte, geflüchteten Menschen Schutz und Hilfe zu gewähren, besteht unverändert fort. Die Städte sehen sich gemeinsam mit Bund und Ländern in der Verantwortung, schutzsuchenden Menschen zu helfen. Es ist jedoch zu befürchten, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt und die Akzeptanz für die Aufnahme von Geflüchteten weiter schwinden, wenn sich die Entwicklung der letzten Monate unverändert fortsetzt. Das Präsidium sieht in der Zuwanderung geflüchteter Menschen Chancen und Risiken. Es verweist in diesem Zusammenhang auf seinen Beschluss vom 25. April 2023. Die Bemühungen von Bund und Ländern zur schnellen Integration der Menschen in den Arbeitsmarkt müssen verstärkt werden, damit der gesellschaftliche Zusammenhalt und die Akzeptanz für die Aufnahme von Geflüchteten nicht schwinden.
     
  2. Das Präsidium bekräftigt, dass der Problemdruck bei der Unterbringung, Versorgung und Integration von geflüchteten Menschen stetig wächst. Die Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten wird mit anwachsenden Zugangszahlen im Verlauf des Jahres schwieriger. Hinzu kommt, dass anders als in früheren Jahren sich drei kritische Lagen gegenseitig verstärken: Die steigende Zahl Geflüchteter, der zunehmende Mangel an Wohnraum und der wachsende Fachkräftemangel. Die angespannte Lage der öffentlichen Haushalte mit hohen Defiziten bei gleichzeitig deutlich gestiegenem Zinsniveau verschärft die Lage zusätzlich.
     
  3. Von der für den November geplanten weiteren Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder erwartet das Präsidium eine abschließende Regelung für die Bewältigung der finanziellen Lasten bei der Unterbringung, Versorgung und Integration von Geflüchteten. Das Präsidium bekräftigt, dass die Daueraufgabe Unterbringung, Versorgung und Integration auch dauerhaft, auskömmlich und atmend finanziert werden muss. Gemeinsam mit den Ländern erwarten die Städte die Rückkehr zum 4-Säulen-Modell (vollständige Erstattung der Kosten der Unterkunft für Geflüchtete im SGB II, monatliche Pro-Kopf-Pauschale, Integrationskosten, Kosten für unbegleitete Minderjährige). Dazu ist die Neuaufteilung der Umsatzsteuer zwischen Bund und Ländern notwendig, damit sich der Bund indirekt an den Leistungen der Länder an die Kommunen beteiligt.

    Der Bund hat beim Treffen des Bundeskanzlers mit den Ländern im Mai 2023 zusätzlich eine Milliarde Euro im Jahr 2023 für flüchtlingsbezogene Kosten und die Digitalisierung der Ausländerbe-hörden zugesagt. Diese zusätzliche Finanzierung muss nun schnell in den Kommunen ankommen. Das Präsidium fordert weiterhin, dass die Länder die Mittel vollständig an die Kommunen weiterleiten.
     
  4. Das Präsidium fordert die Bundesregierung erneut auf, mehr Anstrengungen gegen irreguläre Migration zu unternehmen und die organisierte Schleuserkriminalität einzudämmen. Dazu gehören auch mehr Anstrengungen zum Abschluss von Migrationsabkommen, um legale Migrationswege zu erweitern. Die gerechte Verteilung von Geflüchteten auf die EU-Mit­gliedsstaaten muss ein vorrangiges Ziel sein.
     
  5. Das Präsidium bekräftigt seine Forderung an die Bundesregierung, für die zeitnahe Verlängerung der Massenzustromrichtlinie Sorge zu tragen. Die kommunalen Behörden brauchen bereits im September Rechtsklarheit im Hinblick auf die zum 4. März 2024 auslaufenden Aufenthaltstitel ukrainischer Geflüchteter. Es bedarf zügig einer gesicherten Lösung für eine aufwandsarme Lösung zur Verlängerung der Titel, beispielsweise im Verordnungswege. Eine Verlängerung der Aufenthaltstitel für ukrainische Geflüchtete durch Einzelfallbearbeitung ist für die der Ausländerbehörden nicht leistbar.
     
  6. Die Städte begrüßen die Einrichtung einer Arbeitsgruppe der Integrationsministerkonferenz, die die Leistungsfähigkeit der Integrationsangebote von Bund, Länder und Kommunen und ihre Finanzierungsgrundlage überprüfen soll. Sie erwarten, dass dabei wachsende Kapazitätsengpässe bei der Regelversorgung in Kita und Schule ebenso in den Blick kommen wie die jeweiligen integrationsbezogenen Leistungen der Länder und des Bundes. Es ist notwendig, die Integrationsinfrastruktur krisenfest auszugestalten und vorhandene Integrationsangebote abzusichern und auszuweiten. Dazu gehört auch die aufgabenangemessene Finanzierung.